Viennedig
Es war alles sehr spontan. Maolinn wusste, dass für ihn der Zeitpunkt gekommen war „es einfach anzugehen“:
An einem Feierabend war mir plötzlich klar, dass ich ein Abenteuer brauche, also habe ich meine Füße in die Hände genommen und mit der Planung meiner Radtour Wien–Venedig begonnen. Was brauche ich um alleine sechs Tage lang zu überleben? Ganz klar einen sicheren Schlafplatz. Da entschied ich mich für die Kombination Hängematte und Tarp weil leicht, rasch aufzubauen und kompaktes Packmaß. Wie will ich mich ernähren? Ich entschied mich dazu auf meiner Tour oft einzukehren und für den Energiebedarf zwischendurch habe ich mir ein paar Proteinriegel eingepackt.
Tag 1, Mittwoch
Alles war vorbereitet für die Reise, nur eine Sache hatte ich am Vorabend nicht gemacht und zwar habe ich die Route auf dem Navigationssystem nicht gestartet. Also sitze ich um 08:15 auf meinem Fahrrad und will die Route auf dem Navi starten – aber nein, zu früh gefreut. Ich musste noch die entsprechende Region kaufen, in die ich fahren wollte. Hat mich nicht nur Zeit für den Kauf und Euro 30 gekostet, sondern auch noch eine Stunde Stillstand, da sich mein Navi danach neu kalibrieren musste. Als es dann aber losging war mein Ärger bald wieder verflogen und ich mit so viel Gepäck durch Wien fahrend sehr positiv aufgeregt. Mein erstes, großes Radtour-Abenteuer – ich bin am Weg! Etwas später bei Mödling der erste Anstieg, puh, das war anstrengend! Wöllersdorf! Durch das Dorf in dem ich aufwuchs zu fahren hat sich vertraut angefühlt und hat mir ein gutes Bauchgefühl gegeben. Nach 105 Kilometern beim ersten der drei großen Berge dieser Reise – dem Semmering –, fing es an zu dämmern. Blöderweise dachte ich erst zu spät daran mir einen geeigneten Schlafplatz zu suchen. Als ich dann doch noch einen geeigneten Ort fand, baute ich mein erstes Lager im Dunklen und bei schüttendem Regen auf.
Tag 2, Donnerstag
Der Regenschauer fand am Morgen ein Ende, ich packte meine Sachen und schob das Rad die steile Straße hoch bis zu der Kuppe des Berges. Es war zwar nicht der Gipfel vom Zauberberg, aber mein persönliches Top und in voller Vorfreude auf die Bergabfahrt. Inzwischen waren die Straßen trocken, der Tag blieb sonnig und für mich 120 Kilometer lang. Diesmal schlug ich mein Lager extra vorsichtig früh auf und es war genau so wie ich es mir bei der Planung meiner Reise ausgemalt hatte, wie es eben sein würde das Lager aufzustellen. Die Nacht war ruhig und der nächste Morgen nebelig.
Tag 4, Samstag
Ciao bella Italia! 126 Kilometer an einem Tag, mein persönlicher Rekord. Dritter und letzter hoher Berg. Alles in allem ein starker Tag. Nur die Kälte dieser Dolomiten-Nacht kannte ich so noch nicht. Minus vier Grad im alten Schlafsack meines Vaters waren für mich ein paar unruhige Stunden – das hab ich aber auch überlebt. Trotz Dunkelheit drängte mich die Kälte erbarmungslos um fünf in der Früh weiterzufahren, dafür war dann aber der Sonnenaufgang ein unbeschreibliches Spektakel!
Tag 5, Sonntag
Die Nacht war vergessen, der Morgen in den Dolomiten fulminant. Es führt ein wunderbarer Radweg durchs Gebirge, an den Hängen entlang, über hohe Brücken und durch tiefe Tunnel. Insgesamt mindestens 30 Kilometer bergab! Gleich anschließend hatte ich in einem Bed & Breakfast am Radweg das gefühlt beste Frühstück der Reise. Nach so einer kalten Nacht und diesem prächtigen Morgen. In Spilimbergo geht der Tag zu Ende, wo ich diesmal lieber in einem Bed & Breakfast nächtige um am letzten Tag fit zu sein.
Tag 6, Montag
Regen begleitete meine letzte Etappe der rund 600 Kilometer bis zur Fähre in Punta Sabioni. Venedig, da bin ich! So dort hinzukommen ist schon was Besonderes – ich genoss meine Zeit in der Stadt und fuhr am nächsten Tag mit dem Zug sehr glücklich nach Hause.